Erinnerung an Kindergeburtstage?
Erinnerst du dich noch an Kindergeburtstage, bei denen du mit verbundenen Augen und mit einem Holzlöffel in der Hand einen Topf suchtest, unter dem Süßigkeiten versteckt waren, während dich die anderen Kinder über „KALT“, „WARM“ und „HEIß“ in die richtige Richtung lenkten? Hattest du den Topf gefunden, winkte die Belohnung.
Wahrscheinlich schon, aber genauso wahrscheinlich wunderst du dich jetzt auch, was das mit Hundetraining zu tun haben soll!
Unseren Hunden geht es ähnlich wie dem kindlichen Topfschläger: Sie wollen irgendwie an ihre Belohnung gelangen, sei diese ein Leckerli, ein Spiel, ein Lob, eine Lieblingsbeschäftigung oder einfach nur unsere Anerkennung. Im Training gilt es nun für den Hund, den Weg zur Belohnung zu finden, also heraus zu finden, was genau du von ihm willst. Du kannst ihm dabei helfen, du kannst ihn durch falsche Signale aber auch verwirren.
Ganz kalt – kalt – warm – heiß?
Genau wie beim Topfschlagen kannst du deinem Hund klar machen, ob er auf dem richtigen oder falschen Weg ist, und wie nah dran er an dem von dir gewünschten Verhalten ist.
- GANZ KALT: Ein ärgerlicher oder enttäuschter Blick signalisierem deinem Hund, dass er ein wirklich unerwünschtes Verhalten zeigt.
- KALT: Macht dein Hund einen Trainingsfehler, wird das gezeigte Verhalten einfach nur nicht gelobt.
- WARM: Zeigt er ein Verhalten, das nahe dran ist, an dem was du dir vorstellst, lobst und belohnst du ihn.
- HEIß: Zeigt er das Verhalten genau so, wie du es dir in dieser Trainingseinheit wünschst, zückst du deinen Jackpot, also deine ultimative Belohnung.
Natürlich ist dies eine sehr vereinfachte Darstellung. In der Realität gibt es viele Abstufungen zwischen GANZ KALT und HEIß. Aber das Grundprinzip bleibt bestehen: Dein Hund ist im übertragenen Sinne blind und ist darauf angewiesen, dass du ihn möglichst genau zu eurem Trainingsziel führst.
Timing!
Stell dir wieder vor, dass du mit verbundenen Augen den Topf suchen sollst. Du orientierst dich nach rechts und hörst „KALT!“, dann nach links und hörst „WARM!“. Du bist darauf angewiesen, dass die Rückmeldung immer genau im richtigen Moment kommt. Sonst würdest du erst verwirrt und schließlich frustriert sein.
Genauso ergeht es deinem Hund. Versuche ihm immer genau in dem Moment deine Rückmeldung zu geben, in dem er ein Verhalten ausführt. Timing kann man üben. Für ein gutes Timing deiner Rückmeldungen musst du schnell sein. Schnell bist du, wenn du etwas automatisiert hast. Automatisieren entsteht durch Übung, also durch viele Wiederholungen. Fang einfach an!
Mehr WARM als KALT!
Beim Topfschlagen geht es darum, den Topf zu finden, nicht darum, ihn zu umgehen. Auch für deinen Hund ist es viel leichter, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen, als etwas nicht zu tun. Versuche dich also immer auf gewünschte Verhaltensweisen zu konzentrieren!
Solltest du deinem Hund ein „KALT“ rückmelden müssen und er zeigt danach wieder ein gewünschtes Verhalten, ist es ganz wichtig, ihm dann auch sofort wieder zu zeigen, dass er auf dem richtigen Weg ist. Bleibst du stattdessen weiterhin beim „KALT“, muss dein Hund denken, dass er sich immer noch auf Abwegen befindet.
Perspektivwechsel!
Du siehst, wie eigentlich immer im Hundetraining ist es wichtig, sich einmal in die Rolle seines Hundes hinein zu versetzen. (Wenn es dir immer noch schwer fällt, lass dir einfach die Augen verbinden und versuche dann, dich zu einem Topf leiten zu lassen.) Ein Perspektivwechsel führt zu einem besseren Verständnis des anderen und damit zu einer klareren Kommunikation und mehr Fairness. Dein Hund behält langfristig Freude daran, mit dir zu kooperieren, und lernt deine Führungskompetenz zu schätzen und an zu erkennen.
Ein Beispiel aus dem Alltag:
Dein Hund randaliert und bellt am Zaun, weil ein anderer Hund vorbeigeht. Du rufst ihn zu dir und er hört sofort auf zu bellen und läuft zu dir hin.
Dass du jetzt nicht schimpfst, also „GANZ KALT“ signalisierst, versteht sich von selber, aber sollst du nun neutral bleiben und das Verhalten nicht belohnen („KALT“) oder deinen Hund loben („WARM“)? Oder lobst du dann das Bellen und verstärkst damit dieses Verhalten?
Durch das Beispiel vom Topfschlagen kennst du nun die Antwort: In dem Moment, in dem dein Hund auf dich reagiert, das Bellen unterbricht und sich umschaut, lobst du ihn. Das bedeutet für deinen Hund „WARM“ und er weiß, dass er auf dem richtigen Weg ist. Es bestärkt ihn in seiner Entscheidung, auf dich zu reagieren. Kommt er dann auch noch sofort zu dir gelaufen, signalisiert du im „HEIß“, Jackpot, Superbelohnung. Dein Hund hat sich dazu durchgerungen gegen sein eigenes Bedürfnis zu handeln, denn das bestand gerade noch darin, sein Territorium zu verteidigen.
Exkurs zum Thema „Kettenbildung“
Nun fragst du zurecht, ob dann dein Hund auf diese Weise nicht beginnt, eine Ereigniskette zu bilden. Ja, das tut er. Er bildet die Kette:
Hund vorm Gartenzaun = Bellen = Rückruf = Jackpot
Aber mal ehrlich, die Kette
Hund vorm Gartenzaun = Bellen
besteht doch sowieso schon und ist so stark intrinsisch motiviert, dass du die Motivation dazu wohl kaum noch steigern kannst. Mit ein bisschen Glück und natürlich ganz viel Konsequenz aber ist dein Jackpot so begehrenswert, dass dein Hund beginnt, die Kette abzukürzen. Vielleicht zunächst zu:
Hund vorm Gartenzaun = kurzes Bellen = Gedanke: jetzt kommt gleich der Rückruf = Jackpot
Das ist ja eigentlich schon eine ganz akzeptable Situation. Bemühst du dich aber weiterhin um immer denselben Ablauf (natürlich mit wechselnden, überraschenden und hochwertigen Belohnungen als Jackpot), findet ein pfiffiger Hund schnell heraus, dass sich diese Kette noch weiter abkürzen lässt:
Hund vorm Gartenzaun = Jackpot
So entwickelt er langfristig sein eigenes Alternativverhalten zum Randalieren und Bellen am Zaun. Der fremde Hund wird zu einem Versprechen auf eine Superbelohnung von seinem Menschen.
Fördern kannst du diese Entwicklung, in dem du deinen Hund auch häufig ohne den fremden Hund vorm Gartenzaun zurück rufst, und ihn rufst, wenn sich ein fremder Hund nähert BEVOR deiner anfängt zu bellen und zu randalieren:
Rückruf = Jackpot
Hund vorm Gartenzaun = Rückruf = Jackpot
Bei unserer Dackeline hat dieses Vorgehen dazu geführt, dass sie zwar aus dem ersten Impuls heraus in Richtung des Zauns gelaufen ist. Teilweise fiel ihr dann aber im Laufen schon ein, wie es weitergehen würde. Sie drehte um, lief in meine Richtung und sah mich erwartungsvoll an.
Exkurs zum Thema „Ganzheitliche Kommunikation“
Egal ob „GANZ KALT“, „KALT“, „WARM“ oder „HEIß“, natürlich kannst du mit deinem Hund über konditionierte Signalworte kommunizieren. Die sind auf jedenfall hilfreich, allerdings gar nicht immer notwendig, denn unsere Hunde sind Experten für Körpersprache.
Verwirrend ist es allerdings, wenn die Bedeutung deines Signalwortes, deine Stimmfärbung, dein Geruch und deine Körpersprache widersprüchliche Botschaften übermitteln. Empfängst du deinen Hund im obigen Beispiel nach dem Rückruf vorgebeugt und frontal zu deinem Hund ausgerichtet, während deine Körperspannung noch durch den Ärger über das Gebell erhöht ist, und lobst ihn dann mit einem hart gesprochenen „Fein“, wird dein Hund dein Gesamtdisplay nicht als „WARM“ oder „HEIß“ interpretieren.
Wundere dich nicht, wenn er dir im Gegenzug „Beschwichtigung“ und „aktive Demut“ signalisiert. Aber nimm solche Signale deines Hundes bitte wahr und reflektiere daraufhin dein eigenes Verhalten. Hundetraining ist eigentlich Menschentraining. Du musst lernen, in deinen Gefühlen genauso schnell umzuschwenken, wie es Hunde tun. Und du musst wissen, wie welche Körpersprache auf deinen Hund wirkt. Nur dann kann deine Kommunikation authentisch, ganzheitlich und damit für deinen Hund glaubwürdig sein.