Social Support statt Ignorieren

Manche Mythen in der Hundeerziehung halten sich hartnäckig:

  • Du mußt deinen Hund dominieren.
  • Du mußt zuerst durch die Tür gehen und zuerst fressen, um der Ranghöhere zu sein.
  • Ist der Hund auf dem Sofa, will er die Weltherrschaft übernehmen.
  • Hunde regeln das unter sich.
  • Bei der Begrüßung mußt du deinen Hund erstmal ignorieren.
  • u.v.m.

Alle dieser Mythen sind längst wissenschaftlich widerlegt. Hunde sind hoch soziale Wesen mit komplexen Gefühlen und Verhaltensweisen. Leider wollen das viele Menschen nicht wahrnehmen, sind doch diese Mythen eine Vorlage für eine unaufwendig, standardisierte Erziehung, die keiner Empathie oder gar Bindung bedarf.

Einer dieser Mythen, der es sogar in die Fragensammlung des VDH-Sachkundenachweises geschafft hat, lautet: Wenn dein Hund Angst hat, mußt du dieses Verhalten ignorieren, sonst verstärkst du es.

So ein Schwachsinn! (Entschuldigt den Ausdruck, aber anders kann ich das nicht ausdrücken!)

Wie sieht Social Support (Soziale Unterstützung) aus?

Je nach Situation ganz unterschiedlich:

  • Zunächst einmal ist es deine Aufgabe, deinen Hund von der (von ihm wahrgenommenen) „Gefahr“ abzuschirmen. Dafür kannst du der „Gefahr“ ausweichen, indem du z.B. mit deinem Hund einen Bogen gehst oder umdrehst, oder dich zwischen den Hund und die „Gefahr“ stellst. Auch kannst du ihm beibringen, zwischen deinen Beinen Schutz zu suchen, oder einen kleinen Hund auch mal auf den Arm nehmen.
  • Abschirmen kann auch mal darin bestehen, einen unsicheren Hund rechtzeitig in seine Hundebox zu schicken, zu der man dann natürlich niemanden hinlassen darf.
  • Dabei ist es zunächst einmal egal, ob deine Einschätzung der Gefährlichkeit mit der deines Hundes übereinstimmt.
  • Reagierst du hier rechtzeitig, also z.B. bevor dein Hund Aggressionsverhalten zeigt, hast du sogar noch erwünschtes Verhalten durch das Premack-Prinzip verstärkt.
  • Ist „die Gefahr gebannt“, kannst du durch Körperkontakt wie Streicheln und Massieren bei deinem Hund eine Oxytocinausschüttung provozieren, was nicht nur kurzfristig zur Entspannung führt, sondern nachweislich auch die sonst anschliessende Cortisolausschüttung unterdrückt, und damit die langfristige Beurteilung der Situation beeinflußt. Dies setzt aber voraus, dass der Hund Körperkontakt in dieser Situation als angenehm empfindet.
  • Auch ein vorher konditioniertes Entspannungssignal läßt sich in diesen Momenten nutzen.
  • Achte hierbei möglichst auf deine eigene Stimmung, die sich natürlich auf deinen Hund überträgt, aber mache dir nichts vor: Wenn du wirklich Angst hast, weil du die Situation als gefährlich einschätzt, wird dein Hund das bemerken. Dann ist es besser authentisch zu sein, denn authentische Menschen werden von Hunden ernst genommen. Laß deine Körpersprache und Lautäußerung ruhig dein Gefühl ausdrücken, denn dein Geruch tut dies sowieso!

Dein Hund erfährt so Folgendes:

  • Du bist in beängstigenden Situationen für ihn da.
  • Du bist ein zuverlässiger „Führer“. (Stichwort: Leadership)
  • Er erfährt dich als „sicheren Hafen“. (Stichwort: Bindung)
  • Er muß Situationen nicht selber regeln, und dabei vielleicht zu von dir unerwünschten Verhaltensweisen wie z.B. Drohverhalten greifen. (Stichwort: Leinenaggression)

Dein Hund fürchtet sich in Situationen, die du für ungefährlich hälst?

  • Bist du dir sicher, dass du die Situation richtig beurteilst? Hast du z.B. die Körpersprache eines entgegenkommenden Hundes richtig gelesen? (-> Chinesisch? & Schwanzwedeln)
  • Wenn du dir sicher bist, ist die akute Angstsituation nicht die Trainingssituation. Angst und Streß verhindern komplexes, positives Lernen!
  • Trainingssituationen sollten geplant sein und müssen Angst und Streß vermeiden!
  • Ein Gefühl ist kein bewusstes Verhalten, dessen Auftretenswahrscheinlichkeit durch Ignorieren abnimmt!
  • Genausowenig wird ein negatives Gefühl durch ein von dir verursachtes positives Gefühl verstärkt!
  • Allerdings kann ein negatives Gefühl durch ein von dir verursachtes negatives Gefühl verstärkt werden!
  • Unter Umständen ist hier ein Trainer hilfreich!

Ich wünsche dir (und deiner Fellnase), dass du für deinen Hunde zum SUPERHELDEN wirst!